Gelenkerhaltende Therapien helfen Knie-Arthrose zu lindern
Die Volkskrankheit Nr. 1 plagt rund fünf Millionen Menschen in Deutschland

Die Volkskrankheit Nr. 1 plagt rund fünf Millionen Menschen in Deutschland: Arthrose. Darunter versteht man eine zumeist schmerzhafte Gelenkerkrankung. Als Folge dieser Erkrankung kann es zu irreparablen Schäden am Gelenkknorpel kommen. Mit zu den häufigsten Arthrosearten zählt die Kniegelenksarthrose (Gonarthrose).

Begünstigt wird die Kniearthrose durch hohe körperliche Belastungen im Rahmen der beruflichen oder sportlichen Tätigkeit. Auch nach Stürzen oder Unfällen kann sie auftreten. Weitere Faktoren, die eine Rolle bei der Entwicklung spielen, sind Erkrankungen wie etwa Gicht oder anatomische Fehlstellungen, zum Beispiel X- oder O-Beine.

Die Erkrankung an Arthrose kann rasch fortschreiten, sich aber auch über viele Jahre hinweg entwickeln. Typische Beschwerden sind Schmerzen in den betroffenen Gelenken. Diese werden zunächst oft nur unter Belastung gespürt. Später haben viele Patientinnen und Patienten auch in Ruhe und nachts Beschwerden. Im weiteren Stadium kann es zu Bewegungseinschränkungen des betroffenen Gelenks und wiederkehrenden Schwellungszuständen kommen.

Konservative Therapiemöglichkeiten sollten im Vordergrund stehen

Damit es gar nicht erst soweit kommt, sind eine frühe Diagnose und medizinisches Gegensteuern wichtig. Die Diagnose erfolgt über eine gründliche Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt. Je nach Fall werden dabei auch Röntgenaufnahmen, MRTs und CTs eingesetzt. Darauf basierend werden den Betroffenen geeignete Maßnahmen vorgeschlagen, um die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.

Konservative Therapiemöglichkeiten sollten im Vordergrund stehen Im Rahmen der Arthrose-Therapie setzt man heute zunächst auf konservative Therapien, also auf Sport und Physiotherapie. Ziel ist es, Schmerzen zu lindern, Entzündungen zu bekämpfen sowie die Muskelkraft und Koordination zu stärken. Die Kniegelenke werden dazu durch aktives Training beweglich gehalten. Empfohlene Sportarten sind zum Beispiel Schwimmen oder Radfahren, da sie die betroffenen Stellen weniger belasten. Manchmal empfiehlt sich auch eine Gewichtsreduktion, um den Therapieerfolg zu fördern.

Gerade zu Beginn wird meist mit Physiotherapien unterstützt. Dabei erlernt man zum Beispiel Übungen, mit denen die Koordination und die Beinachsen gezielt trainiert werden. Auch die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit können verbessert werden. Zusätzlich zum Training helfen Wärmebehandlungen wie Fangopackungen oder Infrarot-Bestrahlungen, die Schmerzen zu lindern. Nicht zuletzt können stützende Hilfsmittel eingesetzt werden, etwa Bandagen, Schuheinlagen oder manchmal auch Orthesen.

Minimalinvasive Therapiemöglichkeiten

Sollten diese konservativen Maßnahmen nicht den gewünschten therapeutischen Erfolg bringen, kann auch eine kleine, minimalinvasive Operation helfen. Das gilt besonders dann, wenn die Kniearthrose erst relativ spät entdeckt wurde. Mit dem Eingriff sind verschiedene Maßnahmen verbunden. Beispielsweise kann das Gelenk gespült werden. Auch eine medizinische Reinigung, bei der die Knorpeloberfläche mit einem speziellen Verfahren angefrischt wird, kommt in Frage.

Welche Behandlung am erfolgversprechendsten ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Denn bei einer Operationsempfehlung müssen viele unterschiedliche Parameter berücksichtigt werden. Wichtig sind beispielsweise der Zustand der jeweiligen Gelenke, das Erkrankungsstadium und die spezifischen Beschwerden. Auch der weitere Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten muss mit berücksichtigt werden, auch wenn diese kleineren Eingriffe allgemein gesehen eine nicht ganz so große Belastung für den Körper darstellen.

Kniegelenke erhalten mit operativen Beinachsen-Korrekturen

Sollten konservative und minimalinvasive Behandlungsmöglichkeiten an ihre Grenzen stoßen, kann auch eine größere Operation in Frage kommen. Bei Deformationen an den Beinachsen, wie O- oder X-Beinen können sogenannte Korrekturosteotomien vorgenommen werden. Deren Ziel ist es, die Belastungsachse im Gelenk in den gesunden Bereich zu verlagern. Eine Überbelastung durch Fehlstellung kann einen Knorpelverlust begünstigen.

Ein häufig zitiertes Sinnbild dafür ist der schlecht ausgewuchtete Autoreifen, der immer an der gleichen Stelle vermehrt abgefahren wird. Ein simpler Reifenwechsel würde das Problem nicht lösen. Übertragen auf das Kniegelenk kann dementsprechend die Beinachse korrigiert werden, um das grundlegende Problem zu lösen. In der Orthopädischen Fachklinik der Hessing Stiftung wird eine solche Operation im Vorfeld immer diagnostisch exakt vorbereitet.

Auch dabei kommen bildgebende Verfahren, wie eine radiologische Beinachsenausmessung und ein MRT zum Einsatz. Der Eingriff selbst ist eine größere Operation (siehe Infokasten), die, um den Erfolg abzusichern, auch eine gezielte Nachsorge erfordert. In der ersten Phase wird dabei das Gelenk nur teilweise belastet, wobei bereits der volle Bewegungsumfang vorhanden ist. Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine ambulante oder gegebenenfalls stationäre Rehabilitation zu nutzen, um mittels fachgerechter Übungen Muskulatur und Stabilität neu aufzubauen.

Schon nach wenigen Wochen können die Aufgaben des alltäglichen Lebens in der Regel wieder aufgenommen werden. Selbst sportliche Belastungen sind nach einiger Zeit und Rücksprache mit den Behandelnden wieder möglich. Je nach Wunsch der Patientinnen und Patienten kann bei gesicherter knöcherner Ausheilung die Platte nach ungefähr einem Jahr im Rahmen eines kleinen Eingriffs wieder entfernt werden.

Korrekturosteotomie am Bein

Die Korrektur- oder auch Umstellungsosteotomie am Kniegelenk hat einen wichtigen Stellenwert in der orthopädischen Chirurgie und stellt insbesondere für jüngere, bzw. sportlich aktive Menschen eine interessante Option dar, einen endoprothetischen Gelenkersatz zu verzögern oder gar zu vermeiden.

Die Korrekturosteotomie läuft operativ durch ein keilförmig öffnendes oder schließendes Verfahren ab. Die Stabilisierung der Osteotomie erfolgt in der Regel mittels einer sogenannten Plattenosteosynthese. Dabei werden Bruchstücke des Knochens mit einer Platte fixiert. Je nach vorliegendem Ausmaß der Deformität und des Knorpelschadens wird die Achskorrektur in dem gesunden Bereich geplant. Das führt zu einer Entlastung des geschädigten Bereichs und der Knorpel kann sich regenerieren. Bei sorgfältiger Indikationsstellung ist der Eingriff geprägt von einer hohen Patientenzufriedenheit.



Prof. Dr. med. Stephan Vogt
Ärztlicher Direktor und Chefarzt Hessing Klinik für Sportorthopädie und Arthroskopische Chirurgie