Wenn die Wirbelsäule verkrümmt ist
Moderne OP-Methoden helfen bei Skoliose

Als Skoliose bezeichnet man eine dreidimensionale Verkrümmung der Wirbelsäule. Je nach Ausprägung können die Folgen für die Beweglichkeit und damit für die Lebensqualität erheblich sein. In den meisten Fällen sind die Ursachen unklar. Besonders oft betroffen sind Mädchen in der Pubertät, bei denen die Wirbelsäule plötzlich verdreht wächst. Bei sehr starken Verkrümmungen kann eine Operation erforderlich werden. Ein neues Verfahren zur Begradigung der Wirbelsäule ist das Vertebral Body Tethering (VBT).

 

Bei der VBT-Methode, die auch am Hessing Wirbelsäulenzentrum durchgeführt wird, wird operativ an der Wirbelsäule ein sehr festes Band angebracht. Mit diesem Band, das an Schrauben in den Wirbelkörpern fixiert wird, kann eine Wachstumslenkung erzielt werden. Das Wachstum wird auf der längeren Seite gebremst, damit die verkürzte Seite nachwachsen kann. Die Korrektur erfolgt also nicht nur bei der Operation, sondern allmählich während des Wachstums. 

Gedacht ist diese Wachstumslenkung für Patientinnen und Patienten mir sehr flexibler Krümmung, die jedoch schon so weit fortgeschritten ist, dass man davon ausgeht, dass eine Korsettbehandlung allein nicht zum Erfolgt führt. Aktuell wird die VBT-Methode bei Krümmungen zwischen 35 und 70 Grad empfohlen. Der optimale Zeitpunkt eines solchen Eingriffs ist zu Beginn der Pubertät, wenn noch genügend Wachstumspotential vorhanden ist.  Über ein Röntgenbild der Hand lässt sich dieser Zeitpunkt gut bestimmen. Setzt man das System zu spät ein, reicht das Wachstumspotenzial möglicherweise nicht mehr aus, startet man zu früh, besteht die Gefahr der Überkorrektur.

Wie lange das funktioniert, ob die Wirbelsäule dann irgendwann doch versteift oder das Band ausreißt und wie es dann weitergeht, ist noch nicht abschließend geklärt, weil es keine Studien gibt, die die Patienten länger als fünf Jahre beobachtet haben. Für einige Patienten, die kurz vor Beginn oder am Anfang der Pubertät schon eine starke Krümmung haben, könnte dieses System durchaus auch dauerhaft von Vorteil sein. Es sollte jedoch nicht grundsätzlich als Ersatz für eine Korsettbehandlung gesehen werden.
 



Prof. Dr. med. Florian Geiger
Chefarzt Hessing Wirbelsäulen- und Skoliosezentrum